Thyrow

Genau zwischen Ludwigsfelde im Norden und Trebbin im Süden versteckt sich ein Dorf an der B 101, durch das die meisten Autofahrer einfach achtlos durchfahren. Leider.

Der Ort existierte schon lange vor der urkundlichen Ersterwähnung von 1346 als slawische Siedlung. Sein Name steht für die altsorbische Bezeichnung für eben den Auerochsen, den Thyrow auch im Ortswappen führt. Das Dorf ist das amtlich anerkannte schönste Dorf Brandenburgs und den Titel hat es auch verdient. Wer Thyrow einen Besuch abstattet, kann hier auf eine spannende Entdeckungsreise gehen. Im Zentrum des Ortes steht eine wunderschöne, im 13. Jahrhundert aus Feldsteinen erbaute romanische Wehrkirche. Sie diente neben ihrer religiösen Bedeutung immer auch als Fluchtburg. Aus dem ehemaligen Gebäude der Bäuerlichen Handelsgenossenschaft wurde ab 1998 mit Hilfe der gesamten Gemeinde ein Gemeindezentrum gebaut, das seinesgleichen in der näheren Umgebung sucht. Es beherbergt vieles, was bis dahin verstreut im Ort mehr schlecht als recht existierte oder überhaupt keinen Platz im Dorfleben gefunden hatte.

Hier hat sich der Heimatverein eine Heimatstube eingerichtet, eine gemütliche Gaststätte wartet auf Gäste und in der Kulturscheune finden regelmäßig Veranstaltungen statt. Einen Großteil deckt dabei die „Thyrower Theatertruppe“ ab, die hier probt und pro Jahr ungefähr acht ausverkaufte Vorstel-lungen gibt. Auch für speziell Interessierte ist der Ort für eine wahre Fundgrube. So steht in Thyrow das Wohnhaus des genialen Schachspielers Dr. Emmanuel Lasker. Von 1894 bis 1921 war er Weltmeister im Schachspiel. Bis zum Beginn der Judenver-folgung in der NS-Zeit lebte Richard Eichberg in der von- Aschenbach-Straße. Eichberg schuf als deutscher Filmpionier in den 20er Jahren 72 Stumm- und 2 Tonfilme für die UFA. Auch das Haus von Heinrich Alexander Stoll findet sich hier. Der Schriftsteller wurde unter anderem durch seine Kinder-bücher, besonders aber durch seine Roman-Biografie des Alter-tumsforschers Heinrich Schlie-mann „Der Traum von Troja“ berühmt. 2002 wurde Thyrow "Schönstes Dorf" im Kreis, 2003 war es schon „Schönstes Dorf Brandenburgs“. Die Verbindung von Alt und Neu, von Natur und Arbeit und die Mischung von frohen Festen und dörflicher Ruhe hatten die Juroren zur Verleihung dieses Titels bewogen. In diesem Jahr gewann Thyrow gegen 32 Konkurrenten den Europäischen Dorferneuerungspreis. Er wird Oktober im österreichischen Bundesland Vorarlberg übergeben. Thyrow stellt sich einem hohen Anspruch und jeder, der hierher kommt, kann es mit eigenen Augen sehen: Thyrow - so schön kann Dorf sein.

Thomas Görner