Presse-Info der Kreisverwaltung TF

Naturdenkmal des Monats

Die Eiche vor der alten Schmiede in Wiepersdorf

In unserer Region gibt es einige beeindruckende Eichen, die als
Naturdenkmale durch den Landkreis Teltow-Fläming unter Schutz gestellt
wurden. Schon seit Urzeiten gelten diese Bäume als Symbol für Stärke, Macht
und Ausdauer. Sie wurden als so genannte Gerichts- oder Grenzeichen
gepflanzt bzw. waren Stätten wichtiger Ereignisse.

Im Mittelpunkt des heutigen Beitrages steht die Eiche vor der alten Schmiede
in Wiepersdorf. Wahrscheinlich wurde sie vor ca. 120 Jahren gepflanzt, noch
bevor es die alte Schmiede gab. Vielleicht war es Absicht, dass die
Schmiede, damals ein schöner und zweckmäßiger Fachwerkbau, gerade hier - im
Schatten der Eiche - errichtet worden ist. Wäre das der Fall, könnte es der
Beginn einer ungeahnten Partnerschaft gewesen sein. Mit dem Entfachen des
ersten Schmiedefeuers - die Schmiede wurde über drei Generationen betrieben
und ist noch heute funktionstüchtig - begann jedenfalls das ungeahnte
Zusammenspiel.

Der Standort der "Schmiedeeiche" ist eigentlich grundwasserfern und
nährstoffarm. Aber die Eiche profitierte in mehrfacher Hinsicht von der
Schmiede. So zum Beispiel durch das direkte Verbringen von Kalk - ein
Abfallprodukt beim Schweißen mit Karbid und Wasser - in den Boden. Der Kalk
wurde in Löcher versenkt, die rings um den Baum angeordnet waren. So konnte
die Eiche nach und nach den Kalk aufnehmen, ohne unverträgliche Überdosen
konsumieren zu müssen.

Wichtig war auch die Tatsache, dass in der Schmiede sehr viel mit Wasser
gearbeitet wurde. So mussten zum Beispiel Wagenräder oder Hufeisen beim
Schmieden abgekühlt und gehärtet werden. Dazu wurden große Wasserbehälter
verwendet, die vor der alten Schmiede und unmittelbar an der Eiche standen.
Natürlich ging bei der Arbeit oft eine Menge Wasser "daneben" oder das
Wechselwasser wurde direkt vor der Eiche ausgeschüttet. Auf diese Art und
Weise war bevorzugte Wasserversorgung für den Baum gegeben.

Letztendlich könnte durch die Schmiede auch das Mikroklima des unmittelbaren
Umfeldes, also auch das der Eiche, beeinflusst worden sein. Wahrscheinlich
war es hier immer ein bisschen wärmer als anderenorts - aber das ist recht
umstritten und besser mit einem Augzwinkern zu registrieren.

Wie profitierte nun aber die Schmiede von der Eiche? Vor allem vom Schatten
des dichten Laubdaches, das in warmen Sommern erquickende Kühle und Frische
spendete. Heute gibt es "Nachnutzer": Direkt zwischen der Schmiede und der
gegenüber liegenden Gaststätte verläuft die Flaeming-Skate®. Die Wirtsleute,
heute Mutter und Tochter des letzten Schmieds, platzierten sehr zur Freude
der Skater, Radfahrer und Wanderer Gartenstühle und -tische direkt im
Schatten der Eiche. Gaststätte und Schmiede waren übrigens auch schon immer
ein "Paar". So betrieben die Männer die Schmiede, und die Frauen kümmerten
sich um Gaststätte, Acker und Vieh.

Im Juni 2005 wurde die Wiepersdorfer Eiche im wahrsten Sinne des Wortes tief
getroffen. Ein Blitz schlug in den Baum, verursachte die Spaltung eines
Seitenastes und einen Riss der Rinde von diesem Ast bis zum Stammfuß. Der
Seitenast wird durch die Zerstörung der Nährstoffbahnen in diesem Bereich
nicht mehr vom Baum versorgt. Wer diese Stelle erkennt und beobachtet, wird
sehen, dass dieser Ast im Gegensatz zum Rest des Baumes noch bis in den
Januar hinein in vollem, aber natürlich verwelktem Laub stand. Normalerweise
zieht der Baum seine Säfte und Nährstoffreserven mit dem beginnenden Herbst
aus dem Blatt- und Astwerk zurück. Dieser Prozess konnte wegen der
zerstörten Versorgungsbahnen an dem betreffenden Seitenast nicht vollzogen
werden. Die Folge wird sein, dass der Ast mit dem Einsetzen der neuen
Vegetationsperiode auch nicht mehr mit neuen Nährstoffen versorgt werden
kann. Er wird sterben müssen - nicht aber der Baum. Die Eiche ist so vital,
dass sie den Verlust ausgleichen kann. Auch die Spuren des Blitzschlages
werden Jahr für Jahr verblassen, ohne nachhaltige Schäden hervorgerufen zu
haben.

Alles in allem war die Schmiede ein guter "Ziehvater" für die Eiche. Durch
die bevorzugte Nährstoff,- Wasser- und vielleicht Wärmeversorgung konnte der
Baum das werden, was er heute ist - ein würdiges Naturdenkmal unseres
Landkreises. Es strotzt vor Vitalität und steht majestätisch vor Schmiede
und Gaststätte. Wer die Eiche sieht und sie mit ihren Artgenossen
vergleicht, der glaubt nicht, dass sie erst ca. 120 Jahre alt sein soll. Was
unsereinen betrüben würde, adelt diesen Baum. Sein Habitus könnte durchaus
auf ein Alter von bis zu 300 Jahren schließen lassen.

Dieses Naturdenkmal hat also noch eine grandiose Entwicklung vor sich, wenn
wir Menschen entsprechend sensibel damit umgehen. Mehr als deutlich wird das
auch, wenn man die rechts von der Eiche stehende Kastanie betrachtet. Sie
sieht auch prächtig aus, ist aber älter als die Eiche. So können sich
positive Standortverhältnisse und ein liebevoller Umgang auf einen Baum
auswirken.