Naturdenkmal des Monats

Der Landkreis Teltow-Fläming ist reich an sehenswerten Bauten und
Naturschönheiten. Auf einige besonders attraktive Ziele, die Beachtung
verdienen oder einen Ausflug lohnen, machen die Serien "Denkmal des Monats"
und "Naturdenkmal des Monats" regelmäßig aufmerksam. Dieses Mal haben sich
die Autoren Hiltrud Preuß und Rainer Zimmermann aus der Kreisverwaltung
Teltow-Fläming gemeinsam in Merzdorf umgesehen und Interessantes entdeckt.

Kommt man auf dem Weg von Jüterbog nach Baruth durch Merzdorf,
fallen einem sofort die Kirche des Ortes und die davor stehende prächtige
Linde auf. Beide stehen etwas erhöht von der Straße inmitten des Kirchhofs.
Aus Feldsteinen errichtet, ist die Kirche eine typische Vertreterin der in
den Flämingdörfern üblichen Gotteshäuser. Feldsteinkirchen wurden dort
gebaut, wo es keine Backsteine oder nur wenige Bruchsteine gab und kein
anderes Baumaterial zur Verfügung stand. Der "steinreiche" Fläming war eine
für dieses Baumaterial typische Gegend, und so nimmt es nicht Wunder, dass
im Mittelalter zwischen Elbe und Dahme mehr als 200 Gotteshäuser aus diesem
einzigen festen Baumaterial errichtet wurden.

Das Mauerwerk von Feldsteinkirchen besteht häufig aus ungefähr
gleich großen Quadern. Besonders gut ist dies an der Klosterkirche des
1170/71 gegründeten Zisterzienserklosters Zinna zu erkennen. Manchmal trifft
man auch auf Quadermauerwerk, das mit Ausgleichsschichten versehen wurde,
oder auf Mauerwerk, in dem die Feldsteine im regellosen Verband - sozusagen
im großzügigen Mörtelbett - liegen.

An der Merzdorfer Kirche findet man kein exaktes Quadermauerwerk,
allerdings behauene Steine von etwa gleicher Größe. Dieses regelmäßige
Mauerwerk erscheint an der Nord- und Südseite des Kirchenschiffs bzw. an den
jeweiligen Ecken. Hier sind die Steine so übereinander geschichtet worden,
dass die langen Seiten abwechselnd über den kurzen liegen. Die Fugen wurden
mit kleinen Steinen zu Ausgleichsschichten vermauert. Dadurch ist eine klare
Gliederung der Lagen zu erkennen. Auf der östlichen Giebelseite ergibt sich
allerdings oberhalb der Fenster ein regelloser Mauerverband. Hier hat man
die Feldsteine unbehauen und lose vermörtelt. Möglicherweise war der Giebel
früher verputzt und kein sichtbares Mauerwerk geplant. Vielleicht wurde die
Wand auch zerstört und erst später in Stein aufgemauert.

Im Fläming gibt es acht verschiedene Bautypen von Dorfkirchen. Fast
alle haben einen Rechtecksaal als Kirchenschiff, so auch das Gotteshaus in
Merzdorf. Hier fehlen Chor und Apsis. Dafür verfügt die Kirche über zwei
Stufenportale an der Südseite. An der Ostseite, in der Liturgie eine
bedeutende Himmelsrichtung, befinden sich drei Fenster als Symbol des
Dreieinigen Gottes: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Das mittlere, ein
rundbogiges, schmales Fenster, stammt noch aus der Bauzeit, die im 15.
Jahrhundert liegen muss. Die beiden anderen Fenster sind Zeichen einer
barocken Umbauphase, die der Kirche mehr Licht ins Innere gebracht hat.
Diese Fenster sind weiter und größer. Sie liegen tief in der Ostwand und
reichen an den beiden Traufseiten bis zum Sockel. Aus dieser Bauphase
stammen auch Teile der Innenausstattung.

Bemerkenswert sind die an der Balkendecke eingekerbte Jahreszahl
1690 und die Buchstaben I K. Dies wird das Jahr der großen Umbauphase sein.
Vermutlich kamen in diesem Zeitraum auch der große Kanzelaltar mit den
reichen Verzierungen und die Empore hinzu. Es war die Zeit nach dem
Dreißigjährigen Krieg, und die Merzdorfer Chronik berichtet über den
Wiederaufbau der Kirche. Sie spricht auch von einem hölzernen Glockenturm,
der bereits 1784 reparaturbedürftig war. Er musste 1930 dem jetzigen, aus
Ziegeln gemauerten Turm, weichen. Heute scheint er durch seinen hellen
Anstrich besonders markant.

Wer sich allerdings hinter I K. verbirgt, bleibt Spekulation.
Möglicherweise handelt es sich um den Baumeister, der die Umbauphase leitete
und vielleicht auch die "dicke Linde" am Rande des Kirchhofs pflanzte.

Sie steht ehrwürdig erhöht an der Mauer vor der schönen
Feldsteinkirche und dem ehemaligen Pfarrhaus. Die Linde beeindruckt nicht
nur durch ihren Wuchs, sondern auch durch die Kraft, die sie trotz ihres
hohen Alters ausstrahlt. Viele Stürme und Wirren dürften schon um diesem
Baum getobt haben. Das beweisen die vernarbten Wunden verlorener Äste, die
Stämmlinge und der hohle, von der Zeit gezeichnete Stamm der Linde. Doch der
Frühling klopft jetzt auch hier an: Die Säfte steigen, die Knospen platzen
und die Blätter saugen das Licht der Sonne auf. Schon bald verzaubern die
Blüten mit ihrem intensiven Duft die Sinne der Menschen.

Mit einem Umfang von ca. sieben und einer Höhe von ca. 20 Metern ist
der grüne Riese ein sehr beeindruckendes Exemplar seiner Gattung. Sein Alter
wird auf ca. 400 Jahre geschätzt. In Merzdorf und Umgebung wird der Baum die
"dicke Linde" oder auch die "Lutherlinde" genannt. Erzählt wird nämlich, das
Luther bereits in ihrem Schatten gepredigt haben soll.

Noch in diesem Jahr braucht der alte und ehrwürdige Baum
fachmännische Hilfe. Seine starken Stämmlinge drohen den hohlen Stamm zu
zerreißen. Deshalb werden sie von einem erfahrenen Baumfachmann ein wenig
eingekürzt. Er wird außerdem als Kronensicherung eine schonende
Seilkonstruktion einbauen. Diese hilft dem Lindenstamm auf sanfte Art und
Weise, die Belastung der Stämmlinge besser zu ertragen.

Linden haben seit alters her eine große mythologische Bedeutung. Als Tanz-
oder Gerichtsbäume standen sie häufig im kulturellen Mittelpunkt des
dörflichen Lebens oder waren ein Treffpunkt für Liebende.

Die Linde gilt als Baum des Friedens und der Freude. Ihr wird ein
weibliches, sanftes und mütterlich bergendes Wesen zugeschrieben. Die
Mythologie besagt, dass die Eiche dem germanischem Donnergott "Wodan"
geweiht ist, die Linde hingegen der germanischen Göttin "Freya", der Göttin
der Fruchtbarkeit. Oft kann man lesen, dass kein Blitzstrahl eine Linde zu
treffen wagt, weil sie Wodans Gemahlin geweiht ist.

Diese Eigenschaften bewegten wohl die Menschen zu allen Zeiten, eine
Linde als beschirmenden Mittelpunkt im Dorf zu pflanzen. Als solcher wurde
sie auch gern wegen ihres unbezwingbaren Lebenswillens gegenüber allen
Gewalten gewählt. Weder ein Sturm, der die Krone einer Linde zerzaust oder
zerreißt, noch andere Naturgewalten oder Menschenhände, die den Stamm
spalten, stutzen oder gar köpfen, können einer Linde etwas anhaben. Sie
setzt immer wieder neue Triebe und "schreibt" so weiter an ihrer
Lebensgeschichte

Geschätzt werden auch die Heilmittel, die man aus Bestandteilen der
Linde gewinnen kann. So hilft Lindenblütentee gegen Erkältung und Grippe und
wirkt, gesüßt mit Honig, schweißtreibend, schleimlösend und fiebersenkend.
Das "Lindenblütenwasser", ein kalter Ansatz aus Lindenblüten im Sonnenlicht,
wird schon von Hildegard von Bingen als belebendes Reinigungsmittel für die
Haut, besonders für das Gesicht, beschrieben. Die "Lindenkohle" schließlich
ist eine wirkungsvolle Medizin, die bei entzündlichen Magen- und
Darmkrankheiten hilft. Nicht fehlen dürfen in dieser Aufzählung der beliebte
Lindenhonig und das aus den Lindenblüten gewonnene "Lindenöl", das als
Parfüm verwendet wird.

Wer mit wachen Sinnen die Natur wahrnimmt und eine blühende Linde
sieht, der wird unweigerlich an eine Umarmung aus Bienen und Blüten
erinnert. Hinzu kommt ihr betörender, lieblicher und süßer Duft. All das
macht die Linde zu einem Ausdruck von Wärme, Geborgenheit und Heimat. In
diesem Sinne: Lassen Sie sich den Anblick der "dicken Linde" in Merzdorf
nicht entgehen und schauen Sie sich die schöne Kirche des Ortes ein wenig
aufmerksamer an...

Weitere Informationen zu den Denkmalen und Naturdenkmalen des
Landkreises Teltow-Fläming gibt es auf dessen Internetseiten unter
www.teltow-flaeming.de in der Rubrik Bürgerservice unter den Stichworten
"Denkmalschutz" sowie "Natur und Umwelt".