Checkpoint Bravo
Nach 1945 wurde der Teltowkanal in einigen Abschnitten zur Grenze zwischen der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der amerikanischen Besatzungszone von Berlin. Mit der Gründung der DDR 1949 baute die SED-Diktatur ihre Landesgrenzen nach und nach zu einem tödlichen System gegen jene Menschen aus, die den unerträglichen politischen und wirtschaftlichen Zuständen der DDR entfliehen wollten. Der Teltowkanal wurde in den Bereichen Albrechts-Teerofen, Teltow-Seehof (Bezirk Potsdam) und Treptow-Köpenick (Ost-Berlin) Teil des unüberwindlichen Systems. Immer wieder mussten erschossene und ertrunkene Menschen aus dem Gewässer geborgen werden. Selten gelang es den Behörden von West-Berlin, den Toten ihren Namen zurückzugeben.
Das deutsch-deutsche Transitabkommen von 1971 führte schließlich zur Wiedereröffnung des Teltowkanals und zum Ausbau des Mittellandkanals. Nun konnte das geteilte Berlin mit Schiffen der Europaklasse erreicht werden. Am 20. November 1981 wurde die Grenzübergangsstelle am Teltowkanal („Wasser-GÜSt- Kleinmachnow“) in Betrieb genommen, die zum Verantwortungsbereich GÜSt Nedlitz gehörte. Monatlich wurden an der Grenzübergangsstelle rund 350 Schiffe (Stand 1987) durchsucht, bevor sie passieren durften. Einen so genannten Grenzdurchbruch sollte ein Stahlseil mit Kettennetz verhindern, das vor dem Schiff hochgezogen werden konnte. Im Reisedatenspeicher der Staatssicherheit (Hauptabteilung VI) wurden unter anderem die Registriernummern und Namen der kontrollierten Binnenschiffe für Fahndungszwecke gespeichert.
Von der Grenzübergangsstelle im Ortsteil Dreilinden von Kleinmachnow sind der Kontrollturm und Teile des Abfertigungsgebäudes erhalten. Auf dem Gelände befindet sich heute ein Campingplatz mit Hotel.
Weiter Informationen zur Grenzübergangsstelle Drewitz (Autobahn) unter www.checkpoint-bravo.de
Am 8. November 2009 wurde im und vor dem ehemaligen Kommandantenturm die neue Dauerausstellung FREUNDwärts-FEINDwärts eröffnet.

In der Presse: 08.10.2005, Nordkurier
Der Wachturm kann gerettet werden
Von Helmut Caspar
Kleinmachnow. Wenn alles nach Plan geht, gibt es in absehbarer Zeit an der ehemaligen Grenzübergangsstelle Drewitz-Dreilinden ein Mauermuseum. Es wird schon wegen der Lage an der Autobahn 115 nicht so stark frequentiert sein wie das am Checkpoint Charlie an der Berliner Friedrichstraße. Aber dafür ist es in einem authentischen Gebäude der DDR-Grenzer, dem Kommandantenturm, eingerichtet. Der in Kleinmachnow ansässige Verein Checkpoint Bravo e. V. kümmert sich um die Rettung des desolaten Gebäudes, das das Herzstück der weiträumigen Grenzanlage bildete. Ihre Erwähnung jagt noch heute vielen Menschen einen unangenehmen Schauer über den Rücken. Jetzt endlich ist der Weg für die Sanierung des von Graffiti verunzierten Turms mit Hilfe von ABM-Kräften und seine Umwandlung in ein Museum frei. Dafür stehen 114 000 Euro zur Verfügung.
Das Sanierungskonzept sieht laut Vereinsvorsitzenden Peter Boeger die Erneuerung des löchrigen Dachs sowie die Verglasung der zerschlagenen Fenster vor. Außerdem müssen eingestürzte Wände gesichert und erneuert werden. „Wir wollen am Wachturm die Spuren der Zerstörung und Alterung nicht tilgen, sondern dokumentieren hier auch ein Stück Umgang mit der Mauer nach ihrem Fall am
9. November 1989“, sagt Boeger. Das bedeute auch, dass die Graffiti nicht überstrichen, sondern belassen werden, wenigstens teilweise.
Die Ausstellung im alten Kommandantenturm soll gelungene und gescheiterte Fluchtversuche dokumentieren und zeigen, wie das Grenzregime vor und nach 1961 ausgesehen hat. Bereits im Sommer 1949 war unter der Bezeichnung Kontrollpassierpunkt Nowawes ein Grenzdurchlass eröffnet worden. Mit dem Ausbau der innerdeutschen Grenze in den 1950er Jahren und nach dem Mauerbau 1961 wurde die in „Grenzübergangsstelle Drewitz“ umbenannte Anlage weiter befestigt und technisch aufgerüstet. Allerdings genügte die GÜST, so das Kürzel für den streng bewachten und militärisch befestigten Kontrollpunkt, den DDR-Behörden bald nicht mehr. Sie ließen 1969 die militärisch abgesicherte Kontrollstelle für 50 Millionen (Ost-)Mark neu bauen. Nur wenigen war bekannt, was sich hinter der Tarnbezeichnung „Technik 5“ verbarg – eine neue Methode zum Aufspüren von Flüchtlingen, die sich in Kofferräumen von Pkw oder zwischen der Ladung von Lkw versteckt hatten. Dabei wurden sämtliche Fahrzeuge mit Gammastrahlen
durchleuchtet. Leider sind die Geräte nach dem Fall der Mauer schnell und konspirativ beseitigt worden. Der Verein Checkpoint Bravo möchte in der neuen Ausstellung im Kommandantenturm aber solches Beweismaterial zeigen und hofft, dass das eine oder andere originale Stück auch mit Hilfe aus der Bevölkerung wieder zum Vorschein kommt.
Artikel vom 22.10.2005
Zeitzeuge erzählt Grenzgeschichten
Von Matthias Matern
Drewitz. Schier endloses Warten, strenge Blicke und teils schikanöse Kontrollen. Die Grenzübergangsstelle Drewitz am südlichen Ende der Avus war für reisende Westdeutsche und Westberliner jahrzehntelang ein unvermeidbares Übel. Das wohl einzig Positive auf der Durststrecke zwischen Westberlin und der innerdeutschen Staatsgrenze zum Freistaat Bayern blieb für viele Transitreisende der Halt am Intershop. Heute, rund 15 Jahre nach dem Fall der Mauer, sind nahezu alle Spuren des alten Grenzüberganges verschwunden. Nur der ehemalige Kommandantenturm der Anlage überstand die Abrisswut nach der Wende. Vor rund sieben Jahren nahm sich ein Verein aus dem nahen Kleinmachnow des steinernen Zeitzeugens an. Nun wollen seine Mitglieder daraus einen Ort des Erinnerns machen.
Die meist harmlosen Anekdoten des Grenzalltags aus westdeutscher Sicht spielen dabei eine Nebenrolle. Wichtiger sei es ihm, so der Vorsitzende des Vereins „Checkpoint Bravo“ Peter Boeger, das auf Perfektion getrimmte, menschenverachtende System der Grenzsicherung darzustellen. Vor allem solle die Erinnerung an die Schicksale derer wach gehalten werden, die es trotz totaler Kontrolle versucht haben, von dort nach Westberlin zu fliehen. Geplant sei deshalb eine Dauerausstellung mit biografischem Ansatz zur Geschichte der Fluchtversuche. „Einige Exponate aus dem Fundus unseres Vereins wollen wir auch zeigen. Grenzschilder, Dokumente oder Fotos“, zählt Boeger auf. Der Kommandantenturm an sich sei natürlich auch ein Exponat. Zudem hätten Teile der technischen Ausstattung die vergangenen Jahre überdauert. „Trotz der tragischen und bedrückenden Historie soll die Erinnerungsstätte kein Ort sein, dem man sich nur schweigend und mit gebeugtem Haupt nähern darf“, findet der Vereinsvorsitzende.
Im Gegenteil: Boeger wünscht sich den Turm auch als Plattform für Diskussionen. „An geschichtsträchtigen Tagen wollen wir Sonderveranstaltungen mit Vorträgen organisieren.“ Auf reges Interesse hofft der gebürtige Westberliner vor allem bei der Jugend. Denn, so glaubt Boeger, im Schulalltag und in den Familien werde die Epoche des Kalten Krieges meist nur angeschnitten.
Bevor der Kommandantenturm für die Öffentlichkeit zugänglich sein wird, steht noch viel Arbeit an. Das Bauwerk aus dem Jahre 1969 hat in den letzten Jahren gelitten: Die Fassade ist mit Graffiti überzogen, an einigen Ecken ist Putz herausgebrochen, ganze Wände im Inneren wurden abgerissen. „Vermutlich hat der eine oder andere Kleingartenbesitzer mit den Steinen seine Datsche ausgebessert“, mutmaßt Peter Boeger.
Mit der Arbeit beginnen konnten die Vereinsmitglieder erst Mitte dieses Jahres. „Anfang Mai haben wir den Vertrag unterzeichnet. Mietfrei über 25 Jahre“, sagt der Vorsitzende stolz. Einiges an Überzeugungskraft und Beharrlichkeit war wohl nötig: Sechseinhalb Jahre haben die Verhandlungen mit dem Eigentümer des Grundstücks gedauert. Das unter Denkmalschutz gestellte Bauwerk steht auf dem Gelände des Gewerbegebietes Europarc Dreilinden. Wie ein Fremdkörper wirkt der marode Klotz vor den modernen Bürogebäuden von Ebay und Co.
Mittlerweile ist die Sanierung in vollem Gang: Rost wird von Fensterrahmen geschliffen, Mauern ausgebessert und draußen arbeiten bereits ABM-Kräfte an der künftigen Zufahrt. Auf rund 100 000 Euro werden sich die Kosten belaufen, schätzt der Vereinsvorsitzende. Das Geld kommt aus Spenden, Eigenmitteln und Zuschüssen der Gemeinde Kleinmachnow sowie der Stadt Berlin. Dass sich das Land Brandenburg nicht beteiligt, empfindet Boeger als vergebene Chance. „Viele der hier festgenommenen DDR-Flüchtlinge wurden im Potsdamer Gefängnis der Staatssicherheit, im so genannten Hotel Lindenstraße, inhaftiert.“ Eine inhaltliche Zusammenarbeit würde sich daher anbieten, meint Boeger.