Anregung für Regio-Bus

BARBARA SAHLMANN
Sprecherin Arbeitsgruppe Verkehr
Lokale Agenda 21 Kleinmachnow

CITY/REGIOBUS IN KLEINMACHNOW:
PROJEKT FÜR NACHALTIGKEIT

Als wir in Kleinmachnow im November 2000 das Leitbild Lokale Agenda 21 „Für eine nachhaltige umweltgerechte Entwicklung Kleinmachnows“ verabschiedet haben, war mancher von denen, die sich heute an der Verkehrspolitik für unsere Gemeinde versuchen, noch nicht vor Ort. Und ob er inzwischen die Handlungsfelder, deren Grundsätze, Entwicklungsziele und die Handlungsschritte dafür verinnerlicht hat, ist – gemessen an der tatsächlichen Politik – oft fraglich.

Vor eineinhalb Jahrzehnten hat Kleinmachnow seine alten Standort- und Lagequalitäten zwischen Berlin und Potsdam, die die damalige Wald- und Gartensiedlung so attraktiv gemacht haben, wiedergewonnen. Mittlerweile ist aber der Prozess einer ausufernden Suburbanisierung auf unser schönes Dorf übergeschwappt, ohne dass wirksam gegengesteuert wird. Mit dem explosionsartigen Anwachsen der Einwohnerzahl auf mittlerweile mehr als 18.500 und weitere fast 1000 Menschen mit Nebenwohnsitz, zählt Kleinmachnow nun zu den größten Gemeinden des unmittelbaren Berliner Umlands. 13.000 PKW, die von Kleinmachnowern mit PM- und B-Nummernschildern gefahren werden, haben uns auf einen bundesweiten Spitzenwert in der PKW-Dichte katapultiert. Zum Beispiel auch mit der Ansiedlung überregionaler Privatschulen in oder direkt an reinen Wohngebieten ohne jegliche Verkehrskonzeption holen wir uns viele liebe Gäste ins Dorf, aber eben auch weitere Unmengen an motorisiertem Verkehr. Das ist wie bei den Geistern, die der Zauberlehrling rief.

Dabei sind die Problemfelder alle längst analysiert, und die Handlungsempfehlungen liegen auf dem Tisch. Es geht umdie Reduzierung des motorisierten Individualverkehrsdie Reduzierung der CO2-Emissioneneine Nutzungssteuerung im öffentlichen Straßenraum zugunsten von Fußgängern und Radfahrerndie Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Fahrradverkehrden angebotsorientierten Ausbau des ÖPNV und vor allemdie Erhöhung der Verkehrssicherheit.
Gemessen daran, sieht die amtliche Verkehrspolitik im Ort nicht gut aus.
1997 wurden in Kleinmachnow 78 % aller Wege mit dem PKW zurückgelegt. Im Leitbild für eine nachhaltige Entwicklung ist das Ziel verankert, bis zum Jahre 2020 den PKW-Anteil bei der Verkehrsmittelwahl für die täglichen Wege auf 60 % zu verringern. Das angepeilte Etappenziel von 70 % bis 2005 ist längst verfehlt. Die Verkehrsbelastung auf Kleinmachnows Straßen signalisiert dramatisch, dass auch das Fernziel Utopie bleibt, wenn verkehrspolitisch hier und in der Region nicht rasch wirksam umgesteuert wird. Dazu sind vor allem angebotsorientierten Maßnahmen in Gang zu setzen. Zu den Bausteinen zählt die Verbesserung der Bedingungen für die Benutzung des Fahrrads (unser Masterplan Fahrrad mit dem Modellprojekt Fahrradstraßen für die Schulwege: vom Verkehrs- und Umweltausschuss abgelehnt!), vor allem aber ein neues nutzerfreundliches High-Quality-Angebot im Öffentlichen Personennahverkehr, das die bisher noch unzureichende Erschließung vieler Wohngebiete korrigiert und ihre Vernetzung mit den bestehenden (S-/U-Bahn) oder den wiederherzustellenden Schienenverkehrsanbindungen sicherstellt.

Es ist klar, dass die großen Havelbusse in unseren Wohngebieten mit ihren schmalen, alten Straßen mehr Schaden anrichten können (Lärm, Erschütterungen, Straßenschäden, Abgase) als Nutzen stiften. Innerörtlich brauchen wir deshalb zu allererst ein gut ausgebautes Kleinbus-System für eine Reduzierung der Verkehrsbelastung und eine Entlastung des öffentlichen Straßenraums. In Abstimmung mit den Nachbargemeinden Teltow und Stahnsdorf muss dabei endlich auch die interkommunale Verknüpfung durch ein innovatives „Regio“-Bus-System mit solchen Fahrzeugen konzipiert, ausgebaut und optimiert werden.

Durch den Appell unseres Agendamitglieds Michael Lippoldt in der Februarsitzung 2006 der Gemeindevertretung, der damals tagelang auch über TeltOwkanal verbreitet wurde, ist der Stein wieder ins Rollen gekommen. Ein funktionsstarkes Regio-Bus-System macht die Region Kleinmachnow, Stahnsdorf, Teltow zu einer Musterregion für nachhaltige Verkehrslösungen zum Nutzen von Mensch und Natur. Diese zukunftsgerechte Innovation hilft Kapazitätsengpässe der vorhandenen Infrastrukturen zu bewältigen, die Leistungsfähigkeit der überregionalen öffentlichen Verkehrssysteme zu steigern und damit zugleich die regionale Wirtschaft zu stärken.

Wir brauchen den City/Regiobuszur Erschließung möglichst vieler Wohngebiete durch ÖPNV mit kleinen Fahrzeugenals Bindeglied zwischen allen Verkehrssträngen für die Schaffung einer direkten Verkehrsanbindung zu den drei Ortszentren, zum Regionalfreibad Kiebitzberge in Kleinmachnow, zur künftigen Scaterbahn für die Region in Stahnsdorf, zu den zahlreichen Schulen und Kindertagesstätten, Kreismusik- und Volkshochschule, Einkaufszentren, Dienstleistern und anderen Verkehrsmitteln (S-Bahn, U-Bahn, Regionalbahn, Busse)Dabei sind Einsparungen im Verkehr der großen Busse ohne negative Auswirkungen möglich, da sich viele Linien ergänzen.

In Teltow hat der Citybus seit sechs Jahren Erfolgsgeschichte geschrieben. 800.000 Fahrgäste bis Ende 2005 bestätigen das. 900.000 Kilometer sind die Busse in dieser Zeit gefahren. Das entspricht einer Auslastung von 20 Passagieren pro Fahrt. 2007 wird der einmillionste Fahrgast erwartet. Der Vorteil für unsere Umwelt liegt auf der Hand, wenn man sich die typische Auslastung Kleinmachnower PKW im Innerortsverkehr vor Augen hält: Mutter oder Vater mit oder ohne Kind. In enger Abstimmung mit der Lokalen Agenda Teltow sind wir dabei, gemeinsam hieraus das Regiobussystem zu entwickeln. Wir wollen nicht nur die Bürger damit „versorgen“, deren Mobilität durch Alter oder Gebrechlichkeit, durch das Fehlen eigener Fahrzeuge oder soziale Bedürftigkeit eingeschränkt ist. Deshalb sollen die kleinen, leichten, leisen und abgasreduzierten City/Regiobusse durch die Wohnquartiere fahren, das Ein- und Aussteigen entlang der Fahrtrouten ohne Haltestellenzwang („Tramp“) anbieten, so dass ältere Menschen mit ihren Einkäufen dort bis vor die Haustüre kommen. Ein niedriger Fahrpreis (in Teltow 50 Cent) ist konzipiert für sozial schwächere Bürger, für Schüler ohne Monatskarten, aber er ist auch ein Angebot an die PKW-Nutzer, ihr Auto wenigstens für den Innerortsverkehr endlich öfter stehenzulassen. Insofern hat ein solcher Fahrpreis auch ein besonderes emotionales Gewicht. Kostendeckend kann er nicht sein. In Teltow hilft die Wirtschaft an diesem Nachhaltigkeitsprojekt mit, und die Stadt schießt ca. 50.000 €/Jahr zu. Das wäre für eine Gemeinde wie Kleinmachnow, kinderfreundlich, weltoffen und mit boomender Wirtschaft, nicht viel. Der Lohn der Anstrengung dagegen kann groß sein: Nachhaltigkeit! Deshalb habe ich den Antrag in die Gemeindevertretung eingebracht, im nächsten Haushalt entsprechende Mittel bereitzuhalten.

Ein erster Erfolg unserer intensiven City/Regiobus-Arbeit mit unseren Partnern in Teltow ist seit 10.12.2006 für Kleinmachnower nutzbar: Die Linie 628 fährt, jetzt zwar noch als großer Bus, wie ein Citybus während bestimmter Tageszeiten in der Verbindung Augustinum – Rathausmarkt. Das ist ein erster Teilschritt aus den von uns konzipierten künftigen Streckenführungen. Weiterhin wird seit dem Fahrplanwechsel an Samstagen der Wagendurchlauf zwischen den Linien 622 B (City-Bus Teltow) und 628 getestet.

Für weitere Erfolge brauchen wir auch Ihre Unterstützung!

eingesandt von B. Sahlmann
Dez. 06