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01.08.2012: Stellungnahme

Leipzig legitimiert arglistige Täuschung
Mal ganz abgesehen davon, dass Flugrouten mit ihren Flugkorridoren niemals ein für alle Mal festgeschriebene Flugerwartungsgebiete sind, weil im realen Flugbetrieb sowieso nach den Anweisungen der Fluglotsen geflogen wird, haben sie dennoch auch jetzt wieder in Leipzig eine unrühmliche Rolle gespielt. Viele „Neubetroffene“ haben sich nämlich arglistig getäuscht gefühlt und deshalb vor diesem Gericht geklagt, weil die im Planfeststellungsbeschluss vorgegebenen, soge-nannten „geraden Abflugrouten in westlicher Richtung“, in Folge der in letzter Zeit sehr emotional und konträr diskutierten neuen, abknickenden Flugroutenvorschläge der DFS für ihr Wohngebiet bisher nicht erwartete Fluglärmbelastungen auslösen würden.
Im Planfeststellungsbeschluss ist zwar auf den Seiten 414 bis 418 und auf der Seite 631 ausgesagt, dass die hier ausgewiesenen Flugrouten nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens sind, sondern rechts-verbindlich erst kurz vor der Inbetriebnahme des ausgebauten Flug-hafens durch die Luftfahrt-Aufsichtsbehörde festgelegt werden. Aber dennoch wurden die hier angegebenen Flugrouten, die angeblich mit der DFS abgestimmt worden sind (was heute durch die bekannten Fakten als Unwahrheit bestritten werden muss !), als Flugstrecken benutzt, um im Rahmen einer Grobplanung z.B. auch die zu erwartenden Fluglärm-belastungsgebiete und die zu erwartenden Fluglärmpegel berechnen zu können – mit den sogenannten „geraden“ Flugrouten.
Hier befinden sich die grundsätzlichen Widersprüche, die zur Erhitzung der Gemüter geführt haben und heute aus meiner Sicht sehr berechtigt und im Gegensatz zu jeglicher Logik und Vernunft das Gerichtsurteil als parteiisches Urteil im Interesse der Flugverkehrslobby charakterisieren.
Mit der Angabe dieser „geraden“ – aber definitionsgemäß nur vorläufigen ! - Flugrouten wurden ja mit großem Aufwand Fluglärmbelastungsgebiete auf den Meter bzw. auf Lärmpegelwerte bis in den Nachkommabereich genau bestimmt, die eine Auskunft darüber gegeben haben, wer wie stark künftig vom unzulässig starken Fluglärm betroffen sein wird und wer nicht. Diese Berechnungsergebnisse konnten demzufolge auch nur vorläufigen Charakter haben. Darauf wurden die im Flughafenumland wohnenden Menschen aber nicht ausdrücklich hingewiesen, auch nicht durch das Flughafen-Beratungszentrum in Schönefeld. Im Gegenteil wurde auf diese – vorläufigen – Ergebnisse aufbauend einerseits durch die FBB ein Schallschutzprogramm in Gang gesetzt, mit dem auf den Meter genau Schallschutzmaßnahmen und Entschädigungsansprüche rechtserheblich entschieden oder abgelehnt werden. Andererseits aber wurden auch die besorgten Bürger, die außerhalb der dargestellten Lärmschutzbereiche wohnen oder künftig wohnen wollten, eindeutig durch Lärmkarten und großspurig durchgeführte Lärmsimulationen darauf hingewiesen, dass sie nichts zu befürchten hätten. Diejenigen Bürger hatten sogar als „Nichtbetroffene“ – laut Verfahrensordnung – gar keinen Anspruch darauf, den Klageweg einzuschlagen. Sie konnten also auch – insbesondere als Laien – gar nicht erkennen, dass sie unter Umständen künftig dennoch unter erheblicher Fluglärmbelastung zu leiden hätten. Das Gericht in Leipzig steht nun aber auf dem Standpunkt, dass diese „Neubetroffenen“ schon im Jahre 2004 hätten klagen können, um ihre Interessen zur Sprache zu bringen. Wenn dieses Gericht nun aber diese Meinung vertritt, nimmt es offensichtlich die für das bestehende Verfahren geltenden Regeln nicht zur Kenntnis und gibt demzufolge – völlig unbegreifbar – diesbezüglich eine fehlerhafte Urteilsbegründung ab, die nicht zu akzeptieren ist.
Es kann hier nur eine Schlussfolgerung geben: Es ist ganz eindeutig festzustellen, dass die Planungsbehörde schon sehr lange wusste, dass die „geraden Pseudo-Flugrouten“ nur zu dem Zweck angesetzt worden sind, um eine möglichst geringe Gesamtbelastung des Flughafenum-landes ausweisen zu können. Dadurch konnte man eine hohe Zahl derzeit durch die existierenden Flughäfen Tempelhof und Tegel nach deren Schließung entlasteter Bürger gegen eine viel geringere Anzahl durch den neuen Standort des BER belasteter Menschen begründen. Mit dieser Begründung wurden dann wesentliche Argumente der Standort-gegner vom Tisch gewischt – sie wurden getäuscht, indem die wesent-lich höhere Belastung durch realitätsnähere Flugerwartungsgebiete und damit der Zahl der erheblich Fluglärmbelasteten „kleingerechnet“ worden sind. Der jetzige Standort des BER wäre nach meiner Auffassung nicht zu Stande gekommen, wenn zum Zeitpunkt der endgültigen Standort-entscheidung alle heute Alt- und Neubetroffenen zu Worte gekommen wären.
Hier hat man getrickst, um mit allen Mitteln die jetzige Standortwahl entgegen aller Vernunft und Vorausschau schon im Raumordnungs-verfahren durchzupeitschen – und es ist nicht zu begreifen, dass das Gericht diese Machenschaften nicht erkannt hat bzw. erkennen wollte und somit wieder einmal gegen die in der Verfassung nieder-geschriebenen, berechtigten Interessen der Menschen im Sinne der Wirtschaftlichkeit eines Flughafenunternehmens entschieden hat.

Prof. Dr. – Ing. E. Augustin1.8.2012
(per mail)