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Von Dieter Weirauch

Berlin - Joachim Matyschik und Ronald Lauche sind ziemlich erstaunt. Die beiden Feuerwehrleute aus Halle/Saale stehen an der gesperrten Brücke über den Teltowkanal in der Nähe von Albrechts Teerofen in Wannsee. Um auf die andere Seite des Kanals zu gelangen, müssen die beiden Radfahrer, die dieser Tage den Mauerradweg rund um Berlin abfahren, nun einen weiten Umweg in Kauf nehmen. Denn die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat die Brücke, deren Nutzung bereits seit längerem illegal war, nun sperren lassen. Damit ist allerdings der Mauerradweg an einer weiteren Stelle (wie bereits in Mahlow-Blankenfelde) unterbrochen, kritisiert der Europaabgeordnete Michael Cramer (Grüne). Er fordert vom Senat, spätestens bis zum 13. August, dem 45. Jahrestag des Baues der Berliner Mauer, den alten Zustand wiederherzustellen und den Mauerweg mit einer entsprechenden Beschilderung auszuweisen. Die Brücke verfüge auf beiden Seiten über Geländer und Auswirkungen auf das Gewicht des Bauwerkes hätten Radler ohnehin nicht, so Cramer.

Auch die Brandenburger Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein (SPD) spricht sich dafür aus, das zugeschweißte Tor zu beseitigen und den bisher vorhandenen Übergang über den ehemaligen Sperrgraben wiederherzustellen.

Das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege hat den auf dem Gebiet der Gemeinde Kleinmachnow liegenden Teil der Brücke Anfang Juli unter Denkmalschutz gestellt. Steglitz-Zehlendorfs Baustadtrat Uwe Stäglin (SPD) sagte gestern: "Ich hoffe, die Brücke bleibt erhalten und ist bald wieder passierbar." Er will zudem den benachbarten ehemaligen Grenzkontrollpunkt "Dreilinden" als Schauplatz deutscher Geschichte bewahren.

Für den Brandenburger Landtagsabgeordneten Jens Klocksin (SPD) ist "diese Brücke ein Dokument deutscher Geschichte, die die Teilung Deutschlands verkörperte". Jetzt könne diese Brücke auf der alten Transitstrecke wieder verbinden, wenn sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werde.

Das sieht die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung anders. "Die Brücke war nie für Fußgänger und Radfahrer gewidmet. Die Geländer auf der Brücke sind zudem nicht kindgerecht", sagte Manuela Damianakis, Sprecherin der Senatsverwaltung, gestern. Aus Gründen der Verkehrssicherheit habe der Senat das Tor zuschweißen lassen. Eigentümer der Brücke ist der Bund. Berlin wolle die Brücke auch nicht in seine Verantwortung übernehmen. Damianakis: "Denn dann müßten wir auch für sie geradestehen." Sie wisse nicht, was der Bund beim Ausbau des Teltowkanals im Rahmen des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit mit dem Bauwerk vorhabe. Das Bundesverkehrsministerium konnte gestern keine Auskunft geben.

Mit der Verkehrssicherheit habe die jetzt erfolgte Sperrung nichts zu tun, sagt Cramer. Es müsse gewährleistet sein, daß auch weiterhin Radler und Wanderer nach Albrechts Teerofen gelangen und am Kremnitzufer entlang Richtung Griebnitzsee laufen oder fahren können. "Während die Fehler der Senatspolitik mit dem vom Senat jüngst vorgelegten Erinnerungskonzept zur Berliner Mauer mühsam und kostenträchtig behoben werden, sollen existierende Marksteine am Stadtrand verschwinden."

Heimatforscher Peter Ernst aus dem benachbarten Güterfelde schlägt vor, den ehemaligen Sperrgraben zuzuschütten, um den Radfahrern und Wanderern auch in Zukunft den Übergang über den Teltowkanal zu ermöglichen. Die Senatsverwaltung habe hier nach dem Motto: "Kein Durchgang - keine Probleme" Tatsachen geschaffen, findet er.

Auch die Zukunft der einstigen Gaststätte "Dreilinden" ist ungewiß. Die Oberfinanzdirektion des Bundes will die einstige Raststätte für 300 000 Euro verkaufen.