Startseite | Impressum | Kontakt | Links | Sitemap
Sie sind hier: Startseite » Newsarchiv » 2012 » März 2012

30.03.2012: Pressemitteilung

Bürgerinitiative
"Stahnsdorf gegen Fluglärm"

Pressemitteilung

Veränderung des Airspace Charlie (Luftraum C)
Sachliche Gründe nicht erkennbar - NOOST hat sich überlebt

Mit großem Erstaunen hat die Bürgerinitiative »Stahnsdorf gegen Fluglärm« jüngste Presseberichte zur Veränderung des Airspace Charlie (Luftraum C) im Umfeld des neuen Flughafens BER zur Kenntnis genommen.
Die Bürgerinitiative begrüßt es, dass durch die Änderungen einige Einwohner in vom Flughafen sehr weit entfernten Regionen geschützt werden könnten. Ungeachtet dessen überwiegt jedoch die große Sorge, dass sich die dortige geringe Entlastung zu einer massiven Belastung der Region Stahnsdorf, Kleinmachnow, Teltow, des Berliner Südwestens und Potsdams mit mehreren hunderttausend Einwohnern auswirken
könnte. Angesichts der durch die Luftraumänderung entstehenden Kapazitätsprobleme sei es wahrscheinlich, dass die DFS nun auch die Anflüge über dieser Region abwickeln wird.
Nach Auswertung der bisherigen Berichterstattung kommt die Bürgerinitiative zu dem Schluss, dass es ein scheinbar reibungslos funktionierender Politlobbyismus geschafft hat, die Interessen eines Segelflugplatzes in einer bevölkerungsschwachen Gegend über die Interessen der Menschen in der kinderreichsten Region Deutschlands zu stellen.
Der Sprecher der Bürgerinitiative »Stahnsdorf gegen Fluglärm«, Wolfgang Brenneis stellt fest: »Wenn Flieger vor Fliegern geschützt werden müssen, spielt es offenbar keine Rolle mehr, wie viele Menschen dafür Fluglärm ausgesetzt werden. Besonders bitter sei dabei, dass der SPD-Bundestagsabgeordnete Frank-Walter Steinmeier bereits im Dezember des vergangenen Jahres von Bürgerinitiativen auf die potentiellen
Folgen seiner Intervention aufmerksam gemacht wurde«. Für die Stahnsdorfer Bürgerinitiative ist dieser erneute Verstoß gegen die Empfehlungen der Fluglärmkommission ein weiteres Beispiel, wie rücksichtslos mit den Betroffenen des BER zugunsten von Partikularinteressen umgegangen wird.
Nach Auffassung der Bürgerinitiative muss sich auch das Landratsamt um Landrat Blasig (SPD) und seinem Vize Stein (CDU) fragen lassen, ob es die Interessen der Bevölkerung des Landkreises Potsdam-Mittelmark insgesamt oder nur noch partikular vertritt.
Brenneis unterstreicht: »Seit fast zwei Jahren wird jeder Vorschlag der Bürgerinitiativen zur aktiven Lärmschutzoptimierung mit der Begründung vermeintlicher Kapazitätsprobleme vom Tisch gefegt. Wie der aktuelle Vorgang zeigt, scheinen die verantwortlichen
Behörden nun einen anderen Weg einzuschlagen. Wenn Kapazitätsprobleme ab jetzt flexibel gehandhabt werden, steht auch einer Abflugroute »Außen rum statt oben drüber« nichts mehr im Wege. Die NOOST-Route hat sich mit dem heutigen Tage jedenfalls endgültig überlebt«.


Hintergrund
Am 19.12.2011 veröffentlichte die Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ) in einem Bericht, dass sich der Chef des Segelflugplatzes in Lüsse, Herbert Märtin, für das sogenannte Münchener Modell bei Anflügen auf BER einsetzen würde. Unterstützt wurde laut Presseberichten dieser Vorstoß vom Bundestagsabgeordneten Frank-Walter Steinmeier (SPD) sowie dem Landrat des Landkreises Potsdam-Mittelmark,
Wolfgang Blasig (SPD). Zum Landkreis Potsdam-Mittelmark gehören die Kommunen Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf.
Die Bürgerinitiativen der Region haben umgehend in einem gemeinsamen Schreiben vom 22.12.2011 Frank-Walter Steinmeier auf die Gefahren im Zusammenhang mit der Veränderung des Luftraums C hingewiesen. Auf dieses Schreiben haben sie nie eine Antwort erhalten, obwohl mehrfach Erinnerungen an das Büro Frank-Walter Steinmeiers gesendet wurden.
Der Vorstoß nahm seinen Lauf, Steinmeier vermittelte laut Presseberichten Gespräche im Bundesverkehrsministerium. An einem Treffen dort im Januar dieses Jahres nahmen unter anderem Herbert Märtin und Vizelandrat Christian Stein teil.
Der Stahnsdorfer Bürgerinitiative liegen (unbestätigte) Informationen über Simulationen bei der Deutschen Flugsicherung am 21. März 2012 vor, die ergeben haben, dass das Münchener Anflugmodell am Flughafen BER nicht anwendbar ist und die nun vorgegebenen Änderungen zu Sicherheitsbedenken und Kapazitätseinbußen führen (»To restructure the airspace so close to the opening, poses serious problems
for training the controllers - and it greatly reduces capacity for BER«
).
Am vergangenen Mittwoch gab das Bundesverkehrsministerium die Änderungen des Luftraumes C bekannt.

Bürgerinitiative »Stahnsdorf gegen Fluglärm«

Die Sprecher
Wolfgang Brenneis • Christine Dunkel • Klaus Eichkorn

www.FluglaermBER.de

Stahnsdorf,
30. März 2012

Brief an H. Steinmeier

Herbert Rinneberg
Sprecher der Bürgerinitiative Lichterfelde gegen Fluglärm
Ahlener Weg 13 H
12207 Berlin

22.12.2011

Herrn
Dr. Frank-Walter Steinmeier (MdB)
SPD-Fraktionsvorsitzender
Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises
Havelland, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming
Platz der Republik 1
11011 Berlin


Geplante Anflugrouten auf den neuen Flughafen Berlin-Schönefeld
Märkische Allgemeine Zeitung (19.12.2011) „Minister räumt unübliche Anflugform
ein/Steinmeier vermittelt“

Sehr geehrter Herr Dr. Steinmeier,
entsprechend dem Artikel „Minister räumt unübliche Anflugform ein/Steinmeier vermittelt“
der „Märkischen Allgemeinen“ (MAZ) vom 19.12.2011 (siehe Anlage) unterstützen Sie eine
Verlagerung der geplanten Anflugrouten bei Ostwind während Verkehrsspitzenzeiten
(Radarführungsstrecken, sog. transitions) auf den neuen Flughafen Berlin-Schönefeld BER. In
dem Artikel werden Sie mit dem Satz zitiert „Die Menschen im Fläming dürfen nicht einem
völlig unsinnigen Lärm ausgesetzt werden“.
Natürlich ehrt es Sie, sich für den Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm in Ihrem Wahlkreis
einzusetzen und niemand möchte die Bevölkerung von Brandenburg und Berlin - und nicht
nur die Menschen im Fläming - einem völlig unsinnigen Fluglärm aussetzen. Bei einer
Verlagerung der derzeit geplanten Anflugrouten (Radarführungsstrecken) bei Ostwind auf die
Nordbahn des BER werden jedoch andere, dicht besiedelte Gebiete wie Potsdam oder das
westliche Berliner Stadtgebiet von landenden Flugzeugen überflogen und verlärmt werden. Es
geht also nicht um die Vermeidung von unsinnigem Fluglärm, sondern um die Abwägung der
Lärmbelastung eines relativ dünn besiedelten Gebietes gegenüber der Belastung dicht
besiedelter Stadtgebiete. Leider erzwingt die Lage des neuen Flughafens BER hier eine
Abwägung zwischen zwei Übeln.
Die Fluglärmkommission Berlin-Schönefeld (FLK) hat auf ihrer 77. Sitzung am 23.5.2011
bezüglich der Radarführungsstrecken mehrheitlich folgende Empfehlung an die Deutsche
Flugsicherung (DFS) beschlossen: „Radarführungsstrecken sollen außerhalb von dicht
besiedelten Bereichen und Erholungsgebieten geführt werden. Es soll daher den
Alternativen der Vorzug gegeben werden, für die die geringste Anzahl Lärmbetroffener
ausgewiesen wird. Es sollen alle organisatorischen und technischen Möglichkeiten zur
Umsetzung genutzt werden. Die DFS wird gebeten, die Hinweise aus den Anträgen und
Erörterung der FLK in die Abwägung einzustellen.“
Damit spricht sich die FLK eindeutig
gegen Radarführungsstrecken über dicht besiedelten Wohngebieten wie dem (westlichen)
Berliner Stadtgebiet oder Potsdam aus. Die ursprünglich geplanten Radarführungsstrecken
für Landeanflüge auf die Nordbahn von BER bei Ostwind, die am 6.9.2010 von der DFS als
Grobplanung in der FLK vorgestellt worden waren, führten von Hennigsdorf im Norden quer
über Berliner Stadtgebiet nach Lichterfelde im Süden und nach dem Abdrehen über den
Südwesten Berlins und über die angrenzenden Brandenburger Gemeinden (s. Anlage).
Die DFS ist der Empfehlung der FLK bezüglich der Radarführungsstecken gefolgt und hat am
4.7.2011 bei der Verkündigung ihrer Abwägungsentscheidung Radarführungsstrecken
außerhalb des Berliner und Potsdamer Stadtgebietes vorgestellt und dem Bundesaufsichtsamt
(BAF) zur Genehmigung vorgelegt. Hierdurch werden dünn besiedelte Gebiete Brandenburgs
überflogen werden, die Abwägungsentscheidung wurde zugunsten dicht besiedelter
Stadtgebiete getroffen.
Die westlich von Potsdam verlaufenden Radarführungsstrecken vom 4.7.2011 erfordern laut
DFS eine Absenkung der Untergrenze des Luftraums C auf 3500 Fuß, entsprechend 1067 m
(siehe Anlage). In ihrem Vortrag auf der Sitzung der FLK am 26.9.2011 führt die DFS aus:
„Der Luftraum C dient ausschließlich der Flugsicherheit, d.h. der Vermeidung von
gefährlichen Annäherungen/Kollisionen zwischen der gewerblichen Luftfahrt und nach Sicht
fliegenden Luftfahrzeugen (z.B. Sportflugzeuge)“ und „Absenkungen des Luftraums C in den
Randgebieten der verlängerten Start-/Landebahn-Richtung sollen unabhängig von der
jeweiligen Betriebsrichtung nur in den Anflugspitzenzeiten genutzt werden, um eine
verzögerungsfreie Abwicklung des Flugverkehrs am neuen Flughafen zu gewährleisten.“
Durch die letzte Maßnahme wird die Belastung der Brandenburger Bevölkerung durch den
Lärm der auf der Nordbahn von BER bei Ostwind in Verkehrsspitzenzeiten (ca. 3 Stunden
pro Tag) landenden Flugzeuge so gering wie möglich gehalten. Außerhalb der
Verkehrsspitzenzeiten steuern dagegen Flugzeuge, die auf der Nordbahn des BER bei
Ostwind landen wollen, den Anflugpunkt bei Siethen in der Nähe von Ludwigsfelde direkt an
und die dabei überflogenen Regionen würden bei einer Verlagerung der Radarführungsstrecken
zusätzlich während der Verkehrsspitzenzeiten belastet.
Die Absenkung des Sicherheitspuffers zwischen der gewerblichen Luftfahrt und Sportfliegern
schränkt den für die Sportfliegerei zu Verfügung stehenden Luftraum ein. Es ist verständlich,
dass Herr Herbert Märtin, „Chef des Segelflugplatzes“ in Lüsse bei Bad Belzig, sich laut
MAZ für eine Verlegung der geplanten Anflugrouten ausspricht. Ich bin jedoch der Meinung,
dass der Schutz der Berliner und Potsdamer Bürgerinnen und Bürger vor Fluglärm vorrangig
vor den Interessen von Sportfliegern zu behandeln ist und hoffe, dass Sie mir in diesem Punkt
zustimmen.
Die unterzeichnenden Berliner und Brandenburger Bürgerinitiativen gegen Fluglärm bitten
Sie, bei der Unterstützung der Menschen in Ihrem Wahlkreis die mit einer Verlagerung der
Radarführungsstrecken verbundenen Belastungen an anderer Stelle nicht aus den Augen zu
verlieren und das Votum der FLK sowie die Abwägungsentscheidung der DFS hinsichtlich
der Radarführungsstrecken zu respektieren.
Die unterzeichnenden Berliner und Brandenburger Bürgerinitiativen lehnen eine Änderung
der am 4.7.2011 von der DFS vorgeschlagenen Radarführungsstrecken entschieden ab.
Sollten Sie in dem Artikel der MAZ falsch zitiert und Ihr Einsatz für eine Verlagerung der
Radarführungsstrecken falsch oder missverständlich dargestellt sein, betrachten Sie unser
Schreiben als gegenstandslos. Bitte haben Sie jedoch Verständnis, dass wir den Artikel der
MAZ so nicht unkommentiert stehen lassen können.
Am 26. Januar 2012 wird das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) die Flugrouten
und damit auch die Radarführungsstrecken verkünden. Wegen des vorliegenden Zeitdrucks
bitten wir Sie um eine rasche Antwort und Klarstellung, ggf. im Rahmen eines persönlichen
Gesprächs. Wir würden uns hierüber sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Herbert Rinneberg
BI Lichterfelde gegen Fluglärm

gez. Dr. Manfred Thüring
BISS BI Spandauer Süden gegen Fluglärm

gez. Thomas Czogalla
BI Teltow gegen Fluglärm

gez. Wolfgang Brenneis
BI Stahnsdorf gegen Fluglärm

Kopie
Dr. Ramsauer, Bundesminister Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Anlagen