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13.04.2011: Presseerklärung

P R E S S E E R K L Ä R U N G

Kläger: Verlärmung von Halle-Ost durch Änderung der
Flugrouten des Flughafens Leipzig/Halle ist unzulässig

Mündliche Verhandlung vor dem OVG Bautzen

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht Bautzen hat am 31.3.2011 über die Klagen
von zwei Hallenser Bürgern gegen Flugrouten von der Südbahn des Flughafens Leipzig/
Halle verhandelt. Anlass für die Klage, die von der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte
(Würzburg/Leipzig) betreut wird, war insbesondere, dass die Flugrouten, die erst
nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens für den Ausbau des Flughafens Leipzig/
Halle durch Verlängerung der Südbahn festgesetzt wurden, erstmalig zu Fluglärmbetroffenheiten
in Wohngebieten in Halle-Ost geführt haben. Die hiervon betroffenen Bürger konnten im Verfahren zum Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle nicht erkennen, dass sie zukünftig durch Fluglärm betroffen sein sollen, da die Entlastung von Wohngebieten der Stadt Halle im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens ein wichtiges Planungsziel darstellte. Es gab deshalb für die Bürger von Halle-Ost weder Grund
noch Anlass, gegen den Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle vorzugehen, da sie auf diese Aussagen im Planfeststellungsverfahren vertraut haben. In diesem Vertrauen sahen sie sich, wie derzeit zahlreiche Anwohner an anderen deutschen Flughäfen (zum Beispiel in Berlin-Schönefeld) auch, enttäuscht, als die Flugrouten für den zwischenzeitlich ausgebauten Flughafen Leipzig/Halle neu festgesetzt wurden.

Die Klagen vor dem OVG Bautzen erheben vor allem auch den Vorwurf, dass das Planungsziel
der Entlastung dicht besiedelter Gebiete der Stadt Halle bei der Neufestsetzung der Flugrouten durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) und die Deutsche Flugsicherung (DFS) missachtet wurde, da erstmalig Betroffenheiten in den Wohngebieten in Halle-Ost geschaffen wurden.
· Einen wesentlichen Schwerpunkt der Verhandlung bildete deshalb auch die Frage, ob und wenn ja, in welchem Umfang, das BAF an Aussagen der Planfeststellung gebunden ist. Hierzu vertraten die Kläger einerseits und das BAF und die DFS andererseits unterschiedliche Auffassungen. So argumentierten die Kläger vertreten durch Frau Rechtsanwältin Franziska Heß, die Flugroutenfestsetzung dürfe den
Grundkonsens der Planfeststellung nicht aufbrechen und müsse vorbehaltlich neuer
sicherheitsrechtlicher Erkenntnisse das Betriebskonzept des Planfeststellungsbeschlusses
umsetzen. Von den der Planfeststellung zu Grunde liegenden Flugrou-ten dürfe nicht ohne Not abgewichen werden. Demgegenüber lehnten das BAF und die DFS jegliche Bindung an die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses ab, soweit nicht unmittelbar Fragen der Kapazität, die verbindlich im Tenor des Planfeststellungsbeschlusses angeordnet wurden, betroffen seien.
· Der in diesem Zusammenhang von der Klägerseite erhobene Vorwurf, gerade die beklagten Flugrouten stellten einen unabhängigen Parallelbahnbetrieb, wie er im Planfeststellungsbeschluss vorgesehen sei, nicht zu jedem Zeitpunkt sicher und beeinträchtigten deshalb die Kapazitätsanforderungen des Planfeststellungsbeschlusses, wurde von BAF und DFS im Grunde nicht bestritten. Diese meinten aber,
der Planfeststellungsbeschluss verlange nicht, dass zu jedem Zeitpunkt ein unabhängiger Parallelbahnbetrieb gewährleistet sei.
· Ein weiterer, äußerst kontrovers diskutierter Schwerpunkt der Klage lag in der Frage, welche Lärmauswirkungen bei der Festsetzung von Flugrouten zu betrachten sind. Während BAF und DFS sich auf den Standpunkt stellten, im Verfahren zur Festlegung der Abflugverfahren müsse lediglich die aktuelle Lärmsituation Berücksichtigung finden, machten die Kläger deutlich, dass Aufgabe der Flugroutenfestsetzung
letztlich die Verteilung des aus der Planfeststellung resultierenden Lärmpotenzials sei. Konsequenterweise müsse auch das im Planfeststellungsverfahren prognostizierte Verkehrsaufkommen bei der Frage, welchen Fluglärm die von der festgesetzten Flugrouten Betroffenen zu erwarten hätten, den Betrachtungen zu
Grunde liegen.

Rechtsanwältin Franziska Heß schildert ihren Eindruck der Verhandlung:
„Das OVG Bautzen hat die von den Klägern vorgetragenen Argumente nach meinem Empfinden sehr ernst genommen und ist um eine umfassende Klärung sowohl der tatsächlichen als auch der sich stellenden Rechtsfragen bemüht. Der Übergang ins schriftliche Verfahren zeigt aus meiner Sicht, dass das Gericht
nach der sehr intensiv, aber äußerst sachlich geführten Debatte in der mündlichen Verhandlung noch weiteren Aufklärungsbedarf sieht, der vor einer Entscheidung selbstverständlich ausgeräumt werden muss. Ich bewerte diesenSchritt daher als äußerst positiv, da er allen Beteiligten die Möglichkeit verschafft,
ihre Sicht der Dinge nochmals umfassend zu schildern. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass das Gericht eine weitere mündliche Verhandlung anberaumt, um die zahlreichen schwierigen rechtlichen Aspekte mit den Beteiligten zu erörtern.“

Das OVG Bautzen hat am Schluss der gut 8 Stunden dauernden mündlichen Verhandlung beschlossen, den Prozess zunächst erneut in das schriftliche Verfahren überzuleiten, um allen Beteiligten die Möglichkeit zu verschaffen, zu den in der mündlichen Verhandlung teils neu vorgetragenen Aspekten und eingereichten Unterlagen Stellung zu nehmen.

gez. RA W. Baumann/Fachanwalt f. Verwaltungsrecht


Bei Rückfragen:
Petra Engelmann
Tel. (0931) 4 60 46-49
Fax (0931) 4 60 /8+46-70


13.4.2011